25.03.2024
Weiter geht’s - Wien ist nicht alles
Wien-Bruck a.d. Leitha-Neusiedler See-Gols
Ein paar großartige Tage in Wien, die mir wie so oft sehr gefallen haben, liegen hinter mir - alle Treffen sind so oder so ähnlich wie gedacht möglich gewesen (an dieser Stelle schöne Grüße an Katharina, Phileas und Isaak, die ich leider erst beim nächsten Mal wieder treffen kann) und ein Ausflug mit den ÖBB für wenig mehr als zwei Stunden nach München zur Verabschiedung meiner früheren Mitarbeiterin und zwischenzeitlich hochbeliebten Nach-Nach-Nachfolgerin bei der Rückversicherung hat auch noch reingepasst. Im Fahrradgeschäft direkt gegenüber vom Hoteleingang hat meine Kette einen großzügigen Schuss Öl bekommen. Das Knacken im Tretlager bei jeder Kurbelumdrehung, das nach der Rheinradtour mit begrenzter Zuversicht behoben aber auf dieser Tour wieder aufgetreten ist, wird dadurch nicht behoben, aber es kann eigentlich nichts kaputtgehen und womöglich ist dies ohnehin die letzte große Reise für dieses Fahrrad, das mir seit 20 Jahren treue Dienste leistet. Eigentlich würde es durchaus noch ein bisschen halten - als Alltagsrad allemal, andererseits vermutlich für größere Touren nicht mehr bis ein E-Bike ansteht. Daher führt ein Hinauszögern eines neuen Tourenrads eigentlich nur dazu, dass ich das neue Rad weniger lang fahren kann. Das macht also keinen Sinn und wird nach dieser Tour angepackt. Mal sehen, wie die Lieferzeiten so sind.
Also quasi im doppelten Sinne geht irgendwann jede schöne Zeit zu Ende und es steht das nächste Kapitel an. Ich habe mich nämlich entschieden, auf jeden Fall noch zum Plattensee weiterzufahren, wo ich noch nie war. Dazu geht es heute - nach ein paar letzten Erledigungen - erst mal mit vielen roten Ampeln aber weiterhin super Radwegen vom Westbahnhof aus der Großstadt hinaus grob Richtung Budapest (Wien ist radfahrtechnisch definitiv deutlich weiter als München) und dann durch nicht wirklich radfreundliche Umgebung am Flughafen in Schwechat vorbei. Insgesamt fällt aber die Fläche auf, die für Eisen- und Straßenbahnen zur Verfügung steht: Bahnhöfe, Rangierflächen, Lokschuppen mit Drehscheiben, Werkstätten, Straßenbahndepots und -betriebshöfe, die omnipräsenten Straßenbahnschienen nicht zu vergessen. Es wird klar, dass Wien DIE perfekte Stadt für meinen viel zu früh verstorbenen Wiener Onkel ist bzw. war, der von allem fasziniert war, was auf Gleisen fährt.
Dann wenig später geht’s nun wieder auf ordentlichen Radwegen nach Bruck an der Leitha. Rechts und links machen uns die Österreicher vor, wie man Windenergie fern der Küste im großen Stil produziert - insbesondere bei so schönem, heftigem Rückenwind wie heute.
Viele finden die Windräder ja nicht schön (was ich verstehe), bei mir wecken größere Ansammlungen aber immer die Zuversicht, dass wir es schon noch schaffen können, wenn wir nicht nachlassen (auch, wenn es natürlich auch Windpausen gibt). Zudem haben hier in manchen Ecken Wärmepumpen schon einen Anteil von gefühlt einem Drittel. Ich denke, wir würden davon hören, wenn sie massive Probleme machten.
Von Bruck aus führt der teils funkelnagelneue Radweg sehr kreativ durch das nahegelegene Infrastruktur-Wuselwasel (Autobahnen, Outlet-Center, Gewerbegebiete, Zugstrecken, Riesenparkplätze u.v.a.m.) nach Neusiedl am See (verblüffend, dass in diesem Fall nicht extra klargemacht werden muss, dass es sich dabei um den Neusiedler See handelt…), wo ich rechtzeitig zum schönen Sonnenuntergang an der Waterfront ankomme.
Von hier aus kann man u.a. den Schneeberg (höchster Berg von Niederösterreich - eigentlich ein Widerspruch, oder?) und den Gschriebenstein (höchster Hügel im Burgenland) sehen. Letzterer wirkt von hier aus allerdings noch nicht mal wie ein Hügel, obwohl er das aus der Nähe schon ist.
Danach sind es nur noch ein paar Kilometer nach Gols. Dort habe ich günstig ein Vier-Sterne-Wohlfühl-Hotel mit allem Komfort und -zurück reservieren können. Es stellt sich heraus, dass die Rezeption nur besetzt ist, wenn das Restaurant geöffnet ist. Das Restaurant ist aber in der Nebensaison nicht immer geöffnet - jetzt jedenfalls eindeutig nicht, mit der Folge, dass es auch kein Abendessen geben wird, obwohl das Hotel auf seine Küche und eigenen Weine wohl durchaus stolz ist (und den Bewertungen zufolge auch sein darf).
Ein schneller Blick in meine „Schnittstelle zur Realität“ besagt, dass montags am frühen Abend im Ort eigentlich alles zu hat (inkl. Hofer). Einzige Ausnahme: der Supermarkt nebenan, der noch 8 Minuten geöffnet hat. Also kommt das Fahrrad einfach so wie es ist in den Vorraum des Nebeneingangs (der einzige Raum mit Licht, zu dem der Schlüssel per Code aus dem Tresor entnommen werden konnte), ich hechte in den Supermarkt (genau das, was die Beine nach einem Tag auf dem Fahrrad am meisten lieben…), werde schon beim Betreten aufgefordert, gleich zur Kasse durchzugehen, greife mir auf dem Weg aber dennoch schnell ein paar Kleinigkeiten und ein paar Getränke (sonst würde der Besuch ja reichlich sinnentleert bleiben), komme noch so gerade eben vor dem Kassensturz genau dorthin gestürzt und schleppe mich anschließend völlig erschöpft aber mit gesichertem Abendessen zum Hotel zurück. Das war knapp.
Nach dem Abladen lerne ich aus der Hotelmappe im Zimmer, dass es eine Radbox zur sicheren Verwahrung des Fahrrads gibt, der elektronische Concierge, der mir „alle Fragen rund um das Hotel beantwortet“, kennt sich mit der Radbox jedoch leider nicht aus. Per Taschenlampe lässt sie sich schlussendlich aber ausfindig machen (die Fahrradwerkzeuge an der Außenwand haben sie verraten - mehr als es das ein Schild je gekonnt hätte). Immerhin das Zimmer ist wirklich schön, die Dusche mehr als nur intakt und das Bett in der Tat zum Wohlfühlen. Feierabend!